Cyborgs – die anderen Menschen

Cyborgs – die anderen Menschen

Like This Video 1 Christian
Added by 1. Juli 2014


Fordert künftige Implantattechnik eine Neudefinition des Menschenbildes?


Die Wissenschaft verbindet das neuronale Netz des Menschen mit Maschinen. Die medizinischen Facetten sind vielgestaltig und reichen von Prothesen bis zu Eingriffen ins Gehirn, die mit der Tiefenstimulation Parkinson-Patienten den Weg ins Leben ebnen. Was heute geht, morgen kommt, und welche gesellschaftlichen, ethischen und rechtlichen Implikationen das in sich birgt, war Thema eines Kolloquiums „Mensch-Maschine-Schnittstelle“.


Link-Empfehlungen der Redaktion zu weiterführenden Informationen:

– mehr über das Kolloquium der „Daimler und Benz Stiftung“ – hier

– zu unserem Talk mit dem Politologen Christopher Coenen zur Technikfolgen-Abschätzung der Mensch-Maschine-Schnittstelle – hier

Mehr zum Inhalt des Videos:

Der Mensch steht an der Schwelle eines Zeitalters, in dem er Cyborgs, Mensch-Maschine-Wesen, zur Wirklichkeit werden lässt: Mensch und Technologie verschmelzen über das neuronale Netz. Thomas Stieglitz vom Lehrstuhl für Biomedizinische Mikrotechnik am Institut für Mikrosystemtechnik der Uni Freiburg und seinen Kollegen gelang es 2014 mit dem internationalen Projekt „Life Hand 2“ erstmals, das Nervensystem eines handamputierten Menschen mit einer Robot-Prothese über mikroelektronische Verbindungen bidirektional so zu verbinden, dass der Mensch entsprechende Druckempfindungen fühlen konnte. Noch bleibt das kurzfristige Experiment für Amputierte eine Zukunftsvision – schätzungsweise zwanzig bis dreißig Jahre entfernt. Es mangelt vor allem noch an geeigneten Materialien, um solche „Wetware“ dauerhaft im Organismus zu implantieren, allerdings forschen an solchen Neuroprothesen Unternehmen wie der Weltmarktführer Otto Bock Healthcare bereits intensiv.

Ist bidirektionale neuronale Kommunikation zwischen Mensch und Maschine erst einmal technisch möglich, dann wird die Koppelung von Biologie und Technologie nicht bei fehlenden Extremitäten halt machen. Sie wird vom peripheren weiter bis ins zentrale Nervensystem des Gehirns vordringen. Schon heute gibt es dort den unidirektionalen Eingriff. Noch sind es wenige Menschen, die neurochirurgisch mit der elektrischen Hirn-Tiefenstimulation einen Schrittmacher fürs Denken erhalten haben. Aber selbst mit dieser noch wenig ausgereiften Methode gibt es erste Therapie-Erfolge – beispielsweise bei Parkinson-Patienten, wie Volker Sturm, Seniorprofessor für Neurochirurgie an der Uni Würzburg, als weltweiter Pionier dieser Technologie zeigte.

Was aber, wenn der Mensch dank solcher Eingriffe in der Lage sein wird, das Hirn nicht nur therapeutisch zu behandeln? Die Möglichkeiten, die die Medizintechnik eröffnet, können nicht nur der selbstbestimmten Optimierung des Geistes dienen, wie immer man dieses Neuroenhancement auch bewerten mag; ebenso möglich sind Eingriffe bis hin zur Fremdsteuerung transhumaner Wesen. Was das neue Menschenbild für den Einzelnen und die Gesellschaft bedeutet, war Schwerpunktthema mehrerer Expertenvorträge. Einer von ihnen, der Jurist und Rechtsphilosoph Reinhard Merkel vom Institut für Kriminalwissenschaften der Uni Hamburg, sprach sich zwar für ein liberales Menschenbild aus, das der Evolution Platz für Veränderungen einräumt, plädierte aber auch dafür, die zwangsläufig eintretenden Verwerfungen solcher Entwicklungen verantwortlich zu begleiten.

Erstausstrahlung: Juli 2014

© 2014 mce mediacomeurope GmbH

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